Das innere Ohr

logo

Internationales Festival zeitgenössischer Musikperformance
Linz, Offenes Kulturhaus, 2. - 4. 3. 1995




Labyrinthischer Weg zu den Gehörgängen

Das Festival "Das innere Ohr" im Linzer OK

Linz - Das alte Schulgemäuer wird drei Tage lang von oben bis unten, gleichsam von seiner Struktur her, in einen Innenraum lockeren, vielfältigen Hörens, Sehens und Agierens venvandelt. Der reizvolle Ort für das Festival zeitgenössischer Musikperformance, das Thomas Dézsy und Christian Utz unter dem Titel Das innere Ohr" für das O(ffene) K(ulturhaus) in der Ursulinenschule in Linz projektierten, macht neugierig. Die Klammern, die den zeitlichen und räumlichen, in beiden Fällen labyrinthischen Weg von der Ohrmuschel zu den inneren Gehörgangen umfaßten, waren durchaus markant. Am Beginn durchlüfteten die Klänge von zehn Saxophonen die gesamte Haus-Hülle, strömten in Räume, über Stiegen und durch offene Türen (Topokollophon). Am Ende stießen der Kroate Damir Bartol und der Amerikaner Elliott Sharp einen drastisch choreographierten und grell tönenden Schrei gegen alles Irrsein in der Welt aus. Dazwischen streuten die KlangArtisten Dezsy und Utz in jeder Hinsicht heterogene, mehr oder weniger geglückte Versuche, die Dimensionen Raum, Zeit, Aktion und Klang auf einen gemeinsamen Nenner (oder zumindest unter einen Hut) zu bringen. Der organisatorische und technologische Input stand dabei nicht immer im geglückten Verhältnis zum ästhetischen Output - wie bei Metabolic Stabilizers von Robert Spour, Klaus Obermaier und Bert Gstettner.

Die finnische Gruppe Free Okapi blubberte mit ihrem Happy sound esoterisch Peer Gynts Morgenstimmung nach. Tundravoice, eine ungarische Gruppe stieg, wie schon vor 20 Jahren Urban Sax weißgewandet auf Leitern durchs Fenster, nahm selbstgebaute Maschineninstrumente zur Hand und rhythmisierte gemütsvoll vor sich hin. Christian Muthspiel dialogisierte per Mikrophon-Animation durch Posaunenstöße mit der Stimme seiner Tochter, Bernhard Lang und Chri- stian Loidl stanzten ein Uniformstaccato aus Tönen und Sätzen in den Raum. Ein subtiles Raumklangerlebnis bescherte A. Harold Barreiro mit Musik und Autist. Karlheinz Essls und Carmen Wiederins transparent-leichtes Klanglabyrinfh lud die Besucher ein, aus Raumelementen, Projektionen und Klängen ihren eigenen Umraum zu gestalten. Dieser Querschnitt durch das, was man Musikperformance nennen könnte, trabte meist um Meilen hinter historischen Vorbilden her, was zum Teil an der Auswahl, zum größeren Teil aber wohl daran lag, daß Innovationen auf diesem Gebiet seit Jahren äußerst spärlich gesät werden.

Reinhard Kannonier, Der Standard, 6.3.1995

Künstler Raum ProduktionenKlangArten