TonWorte

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Anregung zur Diskussion

Künstlerhaustheater: Ensemble KlangArten

KlangArten". Verein und Ensemble dieses Namens stellen sich die Präsentation neuer Musik in vielfältigster Form und einheitlich guter Darbietung zur Aufgabe. Ganz hervorragende Musiker hat Ensembleleiter Thomas Dézsy um sich geschart. "TonWorte" hieß der zweite Abend und er wollte wohl zur Diskussion anregen. Untrügliches Zeichen dafür war die Aufführung von Claudio Monteverdis "Cruda amarilli" (Ensemblebearbeitung: Christian Utz): Schon um 1600 gab es heftige Diskussionen für und wider die "neue Musik".

Sollte das etwa heißen, daß man im Jahr 2400 die heute vorgebrachten und oft umstrittenen Werke ebenso bedingungslos anerkennen wird, wie man es jetzt mit Monteverdi tut? Mitnichten was die Werke dieses Abends betrifft. Monica Linares De Bertis uraufgeführtes "Nel prime mobile" ist zwar in seiner abstrakten Rhythmik und Ausdrucksstärke ein verblüffend gelungener Talentbeweis, doch muß es der Musikinflation zum Opfer fallen. Immerhin ein faszinierendes Spielstück für Baßklarinette, Violoncello, Kontrabaß und Schlagzeug. Ähnliches gilt für Wolfram Schurigs "Für immer" für Sopran und Viola. Da übrigens erstmals ein Hinweis auf das Motto TonWorte". Dichtung, Worte werden verfremdet, zerlegt und in Einklang mit der Viola gebracht. Doch halt: Gesang als Instrument, das gibt es z.B. bei Theodor Bergers "Frauen stimmen" doch schon ewas überzeugender!

1958 entstand John Cage's "Aria" für Sopransolo. Umwerfed komisch Sarah Barretts' Auftritt als Diva, die sich dem totalen vokalen Nonsens hingibt. Jedoch, nach ein paar Minuten reicht es, den über einen Witz, dessen Pointe sich zehnmal wiederholt, kann man nur mehr schwerlich lachen. 1958, ein denkwürdiges Datum: Cerha und Schwertsik gründeten "die reihe", das erste österreichische Nachkriegsensemble fur neue Musik.

Außer Gilbert Amys postseriellem Improvisationsspiel für drei Oboen Jeux" gab es noch zwei Sprechstücke: Rainer Frieb las aus James Joyces "Finnegans Wake" und einem darüber gebastelten sehr langen Hörstück von Egon A. Prantl. Blieben noch "Orpheus Sonette" von Thomas Dézsy. Dézsy beweist einmal mehr sein technisches Können, seine Erfindungskraft und sein Klangempfinden in diesem Tonstück für jeweils drei Oboen, Hörner und Violen sowie Schlagwerk, alle symmetrisch im Raum positioniert. Das bestechendste aber an Dézsys Musik: Man weiß, daß er noch wirklich Großes leisten wird, vor allem dann, wenn er sich primär auf Musik besinnt.

Man kann wieder Diskussionen über neue Musik und damit verbundene Bereiche führen. Das ist gut so. Mag sein, deß die Diskussionsenserkenntnisse zu dem führen, was tatsächlich in 400 Jahren - so es dann noch Musik gibt - anerkannt sein wird. Als Beitrag zur Diskussion sei diese Renexion verstanden. Als Empfehlung hingegen der Hinweis: Das dritte KlangArten-Konzert findet bereits kommenden Sonntag im Künstlerhaustheater statt (28. Juni, 20 Uhr).

Christian Heindl, Wiener Zeitung, 23.6.1992

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